Dreistufentest
Seit 2009 sind ARD, ZDF und Deutschlandradio verpflichtet, ihre Telemedien-Angebote bzw. wesentliche Änderungen ihrer Telemedienkonzepte einem sogenannten Dreistufentest zu unterziehen. Mit diesem Verfahren wurde geprüft, ob neue Verbreitungskanäle wie digitale Radioprogramme oder Online-Angebote dem öffentlich-rechtlichen Auftrag entsprechen. Verantwortlich für die Durchführung sind die Rundfunkräte der Sender.
- Rundfunkrat genehmigt Telemedienänderungskonzept "hr-online" (Beschluss [PDF - 424kb] und Pressemeldung)
Was ist der Dreistufentest?
Für die Ausstrahlung der öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Hörfunkprogramme bedarf es einer Rechtsgrundlage, die sich im Medienstaatsvertrag (bis 2020: Rundfunkstaatsvertrag) bzw. in den entsprechenden Landesgesetzen findet. Die Beauftragung umfasst insbesondere die nationalen Fernsehprogramme der ARD (Das Erste) und des ZDF, die Dritten Fernsehprogramme und alle Hörfunkwellen der Landesrundfunkanstalten und des Deutschlandradios, die ARD-Programme tagesschau24 und One, die Programme ZDF-info und ZDF-neo und die Gemeinschaftsangebote von ARD und ZDF (arte, 3sat, phoenix und kika).
Digitale Telemedienangebote sind den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nur gestattet, wenn sie zuvor ein Prüfverfahren, den Dreistufentest, durchlaufen haben und die dafür erforderliche Genehmigung erteilt wurde. Außerdem enthält der Medienstaatsvertrag Vorgaben für die Verweildauer auf den Internetseiten der Sender und in den Mediatheken. Es gilt ein generelles Verbot für Werbung und bestimmte Angebotsformen wie Anzeigen oder Preisrechner.
Der Medienstaatsvertrag beschreibt auch den gesellschaftlichen Auftrag der Telemedienangebote der öffentlich-rechtlichen Sender, die – anders als die Telemedienangebote privater Medien – durch Beiträge finanziert werden. Durch entsprechende öffentlich-rechtliche Angebote soll "allen Bevölkerungsgruppen die Teilhabe an der Informationsgesellschaft ermöglicht, Orientierungshilfe geboten, Möglichkeiten der interaktiven Kommunikation angeboten sowie die technische und inhaltliche Medienkompetenz aller Generationen und von Minderheiten gefördert werden.“ (§ 30 Abs. 3 Medienstaatsvertrag)
Ausdrücklich gestattet der Medienstaatsvertrag, dass die öffentlich-rechtlichen Sender "Telemedien auch außerhalb des dafür jeweils eingerichteten eigenen Portals anbieten" und ihre eigenen Angebote miteinander vernetzen und verlinken. Insbesondere sollen sie "auch auf Inhalte verlinken, die Einrichtungen der Wissenschaft und Kultur anbieten und die aus journalistisch-redaktionellen Gründen für die Telemedienangebote geeignet sind." (§ 30 Abs. 4 Medienstaatsvertrag)
Für die Prüfung der Telemedienangebote der öffentlich-rechtlichen Sender sind der Fernsehrat des ZDF und die Rundfunkräte der in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten zuständig. Diese Prüfung erfolgt nach dem Medienstaatsvertrag und den entsprechenden Richtlinien der ARD, der Landesrundfunkanstalten und des ZDF in vollständiger Unabhängigkeit von den Sendern und Geschäftsleitungen. Die Zuständigkeit der Gremien, die durch ihre Zusammensetzung und Sachkenntnis als Vertreter der Allgemeinheit fungieren, ergibt sich aus dem Grundsatz der Staatsferne und Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien, die auch bei ihren Telemedienangeboten keiner Kontrolle durch ein staatliches Organ unterworfen werden dürfen.
Die drei Stufen des Prüf- und Genehmigungsverfahrens werden in § 32 Absatz 4 des Medienstaatsvertrags beschrieben:
"Ist ein neues Telemedienangebot nach Absatz 1 oder die wesentliche Änderung eines bestehenden Telemedienangebots nach Absatz 3 geplant, hat die Rundfunkanstalt gegenüber ihrem zuständigen Gremium darzulegen, dass das geplante, neue Telemedienangebot oder die wesentliche Änderung vom Auftrag umfasst ist. Es sind Aussagen darüber zu treffen,
1. inwieweit das neue Telemedienangebot oder die wesentliche Änderung den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht,
2. in welchem Umfang durch das neue Telemedienangebot oder die wesentliche Änderung in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beigetragen wird und
3. welcher finanzielle Aufwand für das neue Telemedienangebot oder die wesentliche Änderung erforderlich ist.
Dabei sind Quantität und Qualität der vorhandenen frei zugänglichen Telemedienangebote, die Auswirkungen auf alle relevanten Märkte des geplanten, neuen Telemedienangebots oder der wesentlichen Änderung sowie jeweils deren meinungsbildende Funktion angesichts bereits vorhandener vergleichbarer frei zugänglicher Telemedienangebote, auch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, zu berücksichtigen."
Die entsprechenden Informationen müssen Teil des Telemedienkonzepts sein, das vom Sender vorgelegt und vom Rundfunkrat geprüft wird. Auch die Belange des Jugendschutzes und des Datenschutzes sowie die Barrierefreiheit sind zu berücksichtigen.
Im Genehmigungsverfahren haben Dritte die Möglichkeit, zu den Konzepten Stellung zu nehmen. "Dritte" sind hier sowohl die kommerziellen Marktteilnehmer als auch Einzelpersonen und die Zivilgesellschaft. Der Rundfunkrat kann zu seiner Meinungsbildung Gutachten in Auftrag geben und muss für die Auswirkungen des Angebots auf alle relevanten Märkte gutachterliche Beratung hinzuziehen. All diese Informationen fließen in die Entscheidung des Rundfunkrats ein, die mit einer qualifizierten Mehrheit getroffen und begründet werden muss.
Nach Abschluss des Verfahrens erfolgt eine Prüfung durch die Rechtsaufsicht – im Fall des Hessischen Rundfunks durch die Hessische Staatskanzlei.
Grundlage für den Dreistufentest war zunächst der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag von 2009, der den sogenannten Beihilfekompromiss der Bundesrepublik Deutschland mit der Europäischen Kommission rechtlich normierte. In den Jahren 2009 und 2010 wurden alle Telemedienangebote der ARD und des ZDF einem solchen Dreistufentest unterzogen.
Der Dreistufentest "hr-online" 2021/2022
In den Jahren 2009 und 2010 wurden die bestehenden Telemedienangebote des hr einem Dreistufentest durch den Rundfunkrat unterzogen und genehmigt. Der Intendant des hr legte dem Rundfunkrat Telemedienkonzepte für hr-online und für den hr-text vor, außerdem für das digitale Angebot boerse.ARD.de zur Börsen- und Wirtschaftsberichterstattung. Bei boerse.ARD.de handelte es sich um ein Gemeinschaftsangebot der ARD, bei dem der hr die Federführung hatte. Deshalb wurde auch der Dreistufentest für boerse.ARD.de federführend durch den hr-Rundfunkrat durchgeführt. Das Angebot boerse.ARD.de ging 2020 in dem ARD-Portal tagesschau.de auf und besteht nicht mehr als selbstständige Plattform.
Angesichts der vielfältigen und tiefgreifenden Veränderungen der digitalen Kommunikation haben sich die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten und das ZDF 2020 nach Inkrafttreten des Medienstaatsvertrags entschieden, ihre digitalen Angebote einem neuen Dreistufentest zu unterziehen und ihren Gremien entsprechende Telemedienänderungskonzepte vorzulegen. In diesen Fällen ist der Dreistufentest nach § 32 Abs. 3 Medienstaatsvertrag ausschließlich für "die Abweichungen von den bisher veröffentlichten Telemedienkonzepten" durchzuführen. Eine wesentliche Änderung liegt insbesondere dann vor, "wenn die inhaltliche Gesamtausrichtung des Telemedienangebots oder die angestrebte Zielgruppe verändert wird". Weitere Details sind den Richtlinien der ARD und des hr "für neue Telemedienangebote, wesentliche Änderungen bestehender Telemedienangebote sowie für ausschließlich im Internet verbreitete Hörfunkprogramme" zu entnehmen.
Genehmigungsverfahren für Telemedienangebote des hr [PDF - 176kb]
Genehmigungsverfahren für Telemedienangebote der ARD [PDF - 180kb]
Für die gemeinschaftlichen Telemedienangebote der ARD bzw. der ARD und des ZDF liegt die Zuständigkeit für die Erstellung von Telemedienänderungskonzepten und die Durchführung des Verfahrens bei der jeweils federführenden Anstalt. Der hr-Rundfunkrat erhält die Gelegenheit zur Mitberatung und kann in den von den federführenden Rundfunkräten verantworteten Verfahren eine eigene Stellungnahme abgeben. Nach aktuellem Stand sind entsprechende Telemedienänderungskonzepte für ARD Audiothek, ARD Mediathek, Tagesschau, Sportschau und Kika zu erwarten sowie – unter Federführung des ZDF – für 3sat und phoenix.
Der hr-Rundfunkrat, dessen Entscheidungen vom Telemedienausschuss des Rundfunkrats vorbereitet werden, hat im Mai 2020 mit den Vorbereitungen zur Begutachtung des Telemedienänderungskonzepts "hr-online" begonnen. Als ersten förmlichen Schritt beschloss der Rundfunkrat des hr am 16.07.2021 die Einleitung eines Interessenbekundungsverfahrens für die Erstellung des Gutachtens über die Auswirkungen des Telemedienänderungskonzepts für hr-online auf die relevanten Märkte. Die Frist für die Interessenbekundungen endete am 09. August 2021.
Der hr-Rundfunkrat hat in seiner Sitzung am 10.09.2021 das Konzept für wesentliche Änderungen und Aktualisierungen des Telemedienangebots des hr entgegengenommen und das Genehmigungsverfahren eingeleitet.
Von der Möglichkeit, eine Stellungnahme zum Telemedienänderungskonzept hr-online abzugeben, machten drei Interessenverbände privater Medien Gebrauch. Soweit diese der Veröffentlichung zugestimmt haben, stehen sie auf der Internetseite des Rundfunkrats zur Verfügung.
Am 10.09.2021 beschloss der Rundfunkrat, das vorgeschriebene Gutachten zu den Auswirkungen des Telemedienänderungskonzepts auf alle relevanten Märkte an die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) zu vergeben. Das Gutachten wurde fristgemäß erstellt und am 07.12.2021 im zuständigen Ausschuss für Telemedien und mediale Innovation (ATumI) und am 04.02.2022 im Rundfunkrat präsentiert und beraten. Nach Abschluss des Dreistufentests wurde das Gutachten ebenfalls auf der Internetseite des Rundfunkrats veröffentlicht [PDF - 1mb].
Der mit den Vorberatungen beauftragte Ausschuss bereitete die ausführliche Begründung in insgesamt elf Sitzungen vor, dessen Vorsitzender berichtete regelmäßig im Rundfunkrat über den Stand des Verfahrens. Diese Beratungen fanden generell ohne die Geschäftsleitung und ohne die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des hr statt.
Die Kommentierungen des Gutachtens und der Stellungnahmen Dritter durch den Intendanten vom 22.12.2021 waren Gegenstand einer gemeinsamen Beratung mit der Geschäftsleitung am 18.01.2022.
Außerdem beobachteten Mitglieder des Rundfunkrats in einer zufällig ausgewählten Woche gründlich und detailliert alle Hessenschau-Angebote auf Facebook und Instagram und tauschten sich darüber aus. Auch diese Erkenntnisse flossen in die abschließende Stellungnahme des Rundfunkrats zum Telemedienänderungskonzept "hr-online" ein.
Am 29.04.2022 beschloss der Rundfunkrat einstimmig die Vorlage zur Genehmigung des Telemedienänderungskonzepts "hr-online". Die ausführliche Begründung folgt den Vorgaben des Dreistufentests. Danach hat der Rundfunkrat zu prüfen, ob die Veränderung der genehmigten Telemedienangebote den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht und in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beiträgt. Außerdem war zu ermitteln, ob der finanzielle Aufwand gerechtfertigt ist. Der Rundfunkrat stellte zudem keine Verstöße gegen die in § 32 Abs.4 Medienstaatsvertrag geregelten Verbote oder Gebote feststellen. Die Begründung enthält zudem wesentliche Hinweise für die zukünftige Gestaltung der digitalen Angebote, die der Rundfunkrat im Rahmen der nachlaufenden Telemedienkontrolle im Blick behalten wird.
Vor der Veröffentlichung des Telemedienänderungskonzepts "hr-online" erfolgte eine Überprüfung des Genehmigungsverfahrens durch die Rechtsaufsicht. Nach Abschluss dieser Prüfung wurde das Telemedienänderungskonzept "hr-online" im Internetauftritt des hr veröffentlicht und zugleich im Staatsanzeiger Hessen auf die Veröffentlichung hingewiesen.
Alle Dokumente zum Dreistufentest 2021/2022.
- 11.07 2022: Die Hessische Staatskanzlei, die die Rechtsaufsicht über den Hessischen Rundfunk ausübt, stellt in einem Schreiben an den Intendanten des Hessischen Rundfunks fest, "dass gegen die Veröffentlichung des Telemedienänderungskonzepts 'hr-online' im Internet des Hessischen Rundfunks keine Bedenken bestehen". Mit dieser rechtsaufsichtlichen Prüfung ist das Verfahren zur Genehmigung des TMÄK in der Fassung vom 31.8.2021 im Rahmen des Dreistufentests abgeschlossen.
- 29.04.2022: Im Wortlaut: Beschluss zur Genehmigung des Telemedienänderungskonzepts "hr-online" [PDF - 424kb]
- 29.04.2022: Pressemitteilung: Telemedienänderungskonzept "hr-online" genehmigt
- 01.11.2021: hr-Rundfunkrat veröffentlicht Stellungnahmen zum Telemedienänderungskonzept "hr-online"
- 29.09.2021: hr-Rundfunkrat veröffentlicht den Namen des Gutachters
- 13.09.2021: Pressemitteilung: Eröffnung des Dreistufentestverfahrens "hr-online" und Bitte um Stellungnahmen
- 16.07.2021: Pressemitteilung "Erste Vorbereitungen für Dreistufentest" und "Interessenbekundungsverfahren" [PDF - 225kb]